Wie lange bist du schon als Chorleiterin tätig?
Ich habe die Tonköpfe 2001 und Frauenpower 2008 gegründet.
Wie bist du dazu gekommen einen Chor zu leiten?
Gesungen habe ich immer schon. Im Kindergarten, im Schulchor der Grundschule, ab 8 Jahren im Kinderchor der Kirche und ab 9 Jahren im Kinderchor der Stadt Willich. Dessen Chorleiter, Karl Kox, hat erkannt, dass ich vom Blatt singen konnte. Seitdem ich etwa 11 Jahre alt war, habe ich dann in einem Nebenraum die 2. Stimme mit den anderen Kindern eingeübt.
Im meiner Schule, dem St. Bernhard Gymnasium in Schiefbahn, gab es damals keinen Oberstufenchor. Wir fanden es schade, dass niemand in unserer Abi-Messe singen würde und so habe ich – gemeinsam mit einer Freundin – einen Stufenchor gegründet. Sie wollte lieber singen, also habe ich geprobt und den Auftritt auch „dirigiert“.
Danach habe ich viele Proben und auch kleinere Auftritte des Willicher Singkreises (der damals der Aufbauchor des Kinderchores der Stadt Willich war und in den man ab 16 Jahren wechseln konnte) geleitet. Als ich durch Zufall erfuhr, dass es eine Möglichkeit gibt, nebenberuflich Chorleitung zu studieren, habe ich das von 1996 bis 2000 gemacht. Meine Vision war ein junger, moderner Chor, der sich nicht hinter Notenblättern versteckt, sondern die Emotionen der Musik lebt, das Publikum mit einbezieht und den Spaß am Singen nicht verliert!
Meine Tätigkeit umfasst dabei sehr, sehr viele unterschiedliche Bereiche, wie z.B.
- Vorbereitung, Leitung und Nachbereitung der Proben
- Auswahl der Literatur (manchmal höre ich 100 Lieder, bevor ich eines finde, dessen Arrangement ich für geeignet halte)
- Einsingen der Übungs-CDs für jede einzelne Stimme (im Gesamtklang) - Organisation der Proben, Auftritte, Probenwochenenden, Konzertreisen etc.
- Ansprechpartner für alle Sängerinnen und Sänger (insg. über 200)
- Planungen der Konzerte, u.a. Festlegung des Programms, der Choraufstellungen, Kartenvorverkauf etc.
- Pressearbeit
- Mediengestaltung (Plakate, Homepage, Facebook)
- Video-DVDs der Konzerte und der Choreographie
- Workshops erstellen
- Tontechnik (Mitschnitt der Konzerte, Aufnahme unserer Studio-CDs, Mixing/Mastering)
Was für musikalische Ausbildungen hast du?
Chorsängerin seit dem 8. Lebensjahr, Klavier (ab 10 Jahren) und Geige (ab 11 Jahren) Studium „Chorleitung“ an der Landesmusikakademie NRW – mit dem seltenen Prädikat „sehr gut“ abgeschlossen.
Wie ist es gekommen, einen Chor nur aus Frauen zu gründen?
Bei den Tonköpfen (von mir 2001 als gemischter a cappella Chor gegründet), hatte ich sehr schnell eine Warteliste. Der Chor war von Anfang an als kleinere Gruppe geplant. Um ein optimales Verhältnis von Männer- und Frauenstimmen zu erzielen, habe ich sehr früh keine Frauenstimmen mehr aufgenommen. Wenn dann doch mal ein Platz frei wurde, hatte ich bis zu 15 Bewerberinnen auf 1 Stelle. Mir wurde dadurch klar, dass es im Raum Willich noch viele Frauen gibt, die sehr gut singen können, aber in der existierenden Willicher Chorszene nicht das finden, was sie suchen. Insgesamt gab und gibt es 4 weitere weltliche Frauenchöre und diverse gemischte Kirchenchöre, die aber überwiegend „typische“ Chorliteratur oder Kirchenlieder/-messen singen. Der Bedarf an einem Pop/Rock-/Musical-Repertoire schien groß zu sein. Die Einschätzung war definitiv richtig. Zu unserem ersten Treffen im November 2008 – zu dem ich in der Zeitung mit „Frauenpower gesucht“ aufgerufen hatte - erschienen 96 (!!!) Sängerinnen – über 30 weitere hatten sich gemeldet, konnten aber an dem Abend nicht kommen. Inzwischen sind wir über 170 Sängerinnen – mehr passen nicht auf unsere Bühnen.
Mir war und ist es ein Anliegen zu zeigen, dass Chormusik etwas ganz Besonderes ist! Teil eines großen Ganzen zu sein, die Musik gemeinsam zu empfinden, die eigene Stimme/den eigenen Körper und seine Seele zum Klingen zu bringen, empfinde nicht nur ich als Erfüllung. Das verbindet uns alle – über alle Generationen hinweg. Und dieses Gefühl einer großen Einheit schwappt auch auf unser Publikum über. Fehlen dabei nicht die Bass- und Bariton-Töne?
Aus diesem Grund singen wir die meisten Lieder mit Halbplayback. Da gibt es dann den Bass in der Begleitung. Ich habe aber viele Frauen, die sehr tief singen können, so dass wir die Bariton Lage bei einigen Arrangements voll abdecken.
Nehmt ihr auch an Wettkämpfen teil?
Nein. Langweilig wird es uns trotzdem nicht. Einmal jährlich, am letzten Sonntag der Herbstferien geben wir ein Konzert vor 1.200 Zuschauern in Willich. Außerdem singen wir jedes Jahr ein bis zwei Benefizkonzerte und treten z.B. auf Stadtfesten auf. Dazwischen gab es immer mal wieder ein paar besondere Highlights, wie z.B.: Dreh mit Vox für einen X-Factor-Trailer, Dreh des WDR bei einer unserer Proben, die NRWTage in Bonn (mit Exklusiv-Ständchen für die 5 ranghöchsten deutschen Politiker), Bielefeld und Düsseldorf, bei denen wir auch auf der Landesbühne konzertieren durften, Eröffnungsfeier der Special Olympics und viele andere mehr.
Warum nicht? Das Potenzial und das besondere ist ja vorhanden.
Bei den Leistungssingen, die der Chorverband ausrichtet, ist ein anderes Repertoire vorgesehen. Wir hätten keinen Spaß daran, solche Lieder einzustudieren ?. Beim WDR Chorwettbewerb haben wir uns anfangs beworben. Dort haben wir aber aus 2 Gründen keine Chance:
- Teilnahme nur ab dem Alter von 18 Jahren – bei uns singen aber auch etliche Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren, ohne die wir nicht an einem Wettbewerb mitmachen würden!
- Wir sind zu viele – dafür ist die Bühne nicht ausgerichtet!
Wie lange lebst du schon im Kreis Viersen?
Ich bin in Mönchengladbach geboren und in Willich aufgewachsen. Von 1992 bis 1998 habe ich in Düsseldorf gewohnt. Seit 1999 lebe ich wieder in Willich.
Was ist so besonders am Kreis Viersen?
Ich mag die gleichzeitige Nähe zur Natur und zu den Großstädten. Alles ist schnell erreichbar. Es ist lange nicht so anonym, wie in einer großen Stadt. Kultur hat hier einen Stellenwert.
Wie lange gibt es die Tonköpfe schon?
Seit 2001. Nach dem Abschluss meines Chorleitungs-Studiums wollte ich einen Chor gründen, den es in dieser Form hier in der Gegend noch nicht gab. A Cappella Gesang mit anspruchsvollen Arrangements vor allem aus dem Pop-/ Rock-Bereich, aber gerne auch afrikanische Musik und alle Genres, die uns gefallen. Auswendig vorgetragen, stets mit Bezug zum Publikum. Unterstützt durch eine passende Bühnenperformance.
Was treibst du sonst noch – außer der Arbeit mit den Chören?
Ich bin sehr glücklich mit meiner Familie: ich bin verheiratet und Mutter zweier Kinder (14 und 11 Jahre). Ich genieße es sehr, wenn wir Zeit miteinander verbringen können. Mein Mann singt bei den Tonköpfen und macht auch die Technik für beide Chöre mit Ausnahme des großen Frauenpower-Konzertes. Meine Tochter singt bei Frauenpower mit und mein Sohn programmiert und fährt die Lichttechnik bei den Benefizkonzerten. Frauenpower ist also ein echter Familienbetrieb! Ebenfalls ist mir gemeinsame Zeit mit meinen Freunden sehr wichtig! Darüber hinaus nutze ich freie Zeit zum lesen, Musik hören, Konzerte besuchen, Gesellschaftsspiele spielen, Tischtennis spielen, Wandern und Radfahren.
Foto/Interview: Sebastian Schmitz
Veranstaltungshinweis:
Das nächste Konzert von Frauenpower findet am Samstag, 17.02.2018 in der Friedenskirche Krefeld statt. Ein Benefiz Konzert für Amnesty International. Mehr Infos unter: www.frauenpower-willich.de